Manfred Holtfrerich

geb. 1948 in Nordwalde/Westfalen
1969-73 Studium an der Werkkunstschule/Fachhochschule Münster
1974-81 Studium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg
bei Franz-Erhard Walther und Gerhard Rühm
lebt in Hamburg

Einzelausstellungen/EA und Ausstellungsbeteiligungen seit 1990
2021 „Adorno, Cezanne und die Hände der Frauen“, Galerie für Gegenwartskunst – Bremen, EA
2021 „Chambre Directe“ Manfred Holtfrerich, Karin Sander, Chambre Directe SCHUBIGER, St. Gallen/Schweiz
2020 Kunsthalle Bremen, Remix 2020, Die Sammlung neu sehen
2019 „Stillleben“ Ayse Erkmen, Mona Hatoum, Manfred Holtfrerich, Thomas Ruff, Karin Sander, Thomas Schütte,
Wiebke Siem, Andreas Slominski, Galerie Ute Parduhn, Düsseldorf
2019 „Blätter“ aus dem Bestand des Museums“, Kunstmuseum Bremerhaven
2018 „Paperworks“, Haubrok Foundation, Fahrbereitschaft, Berlin
„Figurenbilder“ Kunstverein Ruhr, Essen EA, Katalog
2017 Galerie Peter Zimmermann, Mannheim, Manfred Holtfrerich – Wandobjekte, Blätter, Bilder
Galerie für Gegenwartskunst, Bremen, Wiebke Siem / Manfred Holtfrerich
2015 Galerie Peter Zimmermann, Frank Gerritz, Perfect Exemple / Manfred Holtfrerich, Blätter
Weserburg, Museum für moderne Kunst, Bremen, Künstlerräume 02
Galerie für Gegenwartskunst – Barbara Claassen-Schmal, Bremen, Accrochage: Achim Bertenburg,
Manfred Holtfrerich, Sarkis
2014 Weserburg, Museum für moderne Kunst, Bremen, Künstlerräume 02
„Laß Dich von der Natur anwehen“ – Landschaftszeichnung der Romantik und der Gegenwart“,
Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen, Katalog
2013 Galerie für Gegenwartskunst, Bremen, Mühlen / Bilder, EA
„Lass Dich von der Natur anwehen – Landschaftszeichnung der Romantik und Gegenwart“,
Kunsthalle Bremen, Katalog
„Blatt für Blatt“, Galerie Elke Dröscher, Kunstraum Falkenstein, mit herman de vries und Ingolf Timpner
„Victor“, Galerie Zweigstelle, Berlin
2012 Kunsthalle/Kunstverein Bremerhaven: „Blätter aus der Sammlung des Kunstvereins“, EA, Katalog
2011 Galerie für Gegenwartskunst, Bremen: Accrochage:
2010 „Lost in summer“ Galerie WTC, Hamburg
Studio Karin Sander, Berlin, „Was Schönheit sei, dass weiß ich doch“, EA
„Landpartie“, Kunstmuseum Ahlen, Westdt. Künstlerbund, Katalog.
„Blätter und andere Bildobjekte“, Kunstverein Bruchsal, Das Damianstor, EA
2009 „Bilder u.a. Objekte“, Galerie für Gegenwartskunst, Barbara Claassen-Schmal, Bremen, Katalog, EA
„Bilder aus der Zehnbambushalle und andere schöne Motive“, Galerie Renate Kammer, Hamburg, Katalog, EA
Galerie nihil nisi, Berlin, EA
2008 „Wir nennen es Hamburg“, Kunstverein Hamburg
„Die Sammlung“, Kunstmuseum Bremerhaven
2006 „O.T.“, Neue Objekte, Galerie Renate Kammer, Hamburg, EA
2005 „Lohn der Arbeit“, Oberhausen, Verein für aktuelle Kunst, Westdt. Künstlerbund, Katalog
2004 „Schöne Welt“ Galerie Renate Kammer, Hamburg, EA, Katalog
„Niemand ist eine Insel“, Kunsthalle Bremen, in Zusammenarbeit mit Wolfgang Michael, Katalog
„in figura“, Städtische Galerie Remscheid, Katalog
„in figura“, Herne, Flottmann-Hallen, Katalog
2002 Galerie Renate Kammer, Hamburg, EA
2001 „Übersicht“, Museum Bochum/Westdeutscher Künstlerbund, Katalog
Check-in/Check-out, Internationales Künstlergremium, Universal Space NoD, Prag
1999 Galerie Conrads, Düsseldorf, „The secret life of plants“
1998 Galerie Renate Kammer, Hamburg, „Bilder u.a. Objekte“, EA
1997 International Artist“s Museum,Lodz, Polen, „Construction in Process“
„Objekte“, Kunstverein Bremerhaven, Kunsthalle Bremerhaven, Katalog
„Skulpturen und Wandobjekte“, Förderverein „Aktuelle Kunst“, Münster
1996 Galerie Gruppe Grün, Bremen
Malerei 2000, KM2 Malmö, Schweden, Katalog
1994 Museum Lüneburg, „Stipendiaten Schloß Bleckede“
1993 Kunstraum Neue Kunst, Hannover, „Bilder und Objekte“, Katalog, EA
Galerie Detlef Staacke, Köln, EA
1992 Kunstraum Neue Kunst, Hannover, „Revision 1“
1991 Kunstraum Neue Kunst, Hannover, „Bilder“, EA
Kunstzentrum Marktzeventien, Enschede, Niederlande, mit E.Neumann, Ktg 1991, Katalog
Städt. Ausstellungshalle Münster, „Projekt Werkstattausstellungen“, Katalog
1990 Galerie Jürgen Becker Hamburg, „Serien“

art.Das Kunstmagazin, Das Blattwerk (Pdf)
Text: Boris Hohmeyer Fotos: Benne Ochs, März 2014


in: Manfred Holtfrerich, Blätter 1-236, Bremen, 2018


in: „Lass Dich von der Natur anwehen“, Kerber Verlag, 2013


in: Textblatt Weserburg, Museum moderner Kunst, Künstlerräume 02


in: Blätter, Hamburg, 2001


in: WAZ, Funke Medien, NRW, Essen, 2018


in: artist Kunstmagazin, Nr. 97, 2013


in: Manfred Holtfrerich, Bilder und andere Objekte, Bremen/Hamburg, 2009


Der Hamburger Künstler Manfred Holtfrerich in der Bremer Galerie für Gegenwartskunst
in: Kunstmarkt.com, 2009


in: Weser Kurier, Bremen, 2009


Bilder aus der Zehnbambushalle und andere schöne Skulpturen und Objekte, Galerie Renate Kammer, 2009


in: artist Kunstmagazin, Nr. 34, 1998

Manfred Holtfrerich, befragt von Jürgen R. Schwarz zur Reihe „Blätter“,

J.S. Was ist dir wichtig bei den Blättern, worauf kommt es dir an?
Kurz gesagt, dass die Blätter sich zeigen, wie sie sind, als Blätter, – so wie sie mir erscheinen, in ihrer Schönheit und Einzigartigkeit, – frei von Interpretation. In „Die Aktualität des Schönen“ sagt der Philosoph Hans-Georg Gadamer: „Mimesis in der Kunst heißt nicht, etwas Vorbekanntes nachzuahmen, sondern etwas zur Darstellung zu bringen, so dass es auf diese Weise in sinnlicher Fülle gegenwärtig ist“. Das finde ich richtig. Darauf kommt es an.

J.S. Warum nimmst du Blätter, warum nicht Muscheln oder Blumen?
Mich beschäftigt, was ein Bild ist, als Eigenart allgemein, wie es sich formuliert und wie es sich darstellt als konkreter Gegenstand. In diesem Zusammenhang waren Blätter, speziell Herbstblätter, besonders interessante Objekte. Sie zeigen in den Momenten ihres Verfallsprozesses ein schon „fertiges“ Bild mit dem, was wir auf der Blättfläche sehen, quasi eine „Komposition“ der Natur, die wie selbstverständlich erscheint. Ich mußte sie nur noch darstellen und hatte das Bild. Diese „vorformulierte Gestaltung“, – das Bild im Bild oder das Bild als Bild -, das hat mich fasziniert und zu dieser Arbeit angeregt.

J.S. Du stellst die Blätter in natürlicher Größe dar, warum?
Eben weil ich sie zeige, wie sie sind, als einmalige und unverwechselbare Objekte der Natur, es gibt keinen Grund, sie zu verändern. Die natürliche Größe zu negieren, würde die Arbeit in ihrer Klarheit nur beeinträchtigen.

J.S. Wenn Interpretationen kein Kriterium in deiner Arbeit sind, gibt es andere Aspekte?
Mehrere. Der wichtigste Aspekt ist, wie gesagt, Herbstblätter zu nutzen als vorgefunde-ne Bildform, als Vorlage.
Ein anderer Aspekt ist jenes damit zusammenhängende Phänomen, nämlich die beim Betrachten von Blättern sich unmittelbar einstellende ästhetische Empfindung. Das bedeutet für die Reihe, finde ich ein „schönes“ Blatt und stelle es dar, habe ich gleich-zeitig das Bild einer „schönen“ Arbeit vor Augen. Auch wegen ihres seriellen Charakters sind die Blätter als Bildobjekt ideal. Die Reihe ist strukturell unendlich und durch die Herstellung weiterer „Blätter“ vermindert sich weder ihre Schönheit noch ihre Qualität. Die Natur liefert mir das Bildmaterial immer wieder aufs Neue, – wunderbar.
Für den Betrachter nur bedingt erkennbar, für mich persönlich sehr wichtig ist auch der Prozeß des Zeichnens, des Malens selbst. Weil mir mit dem Blatt das fertige Bildmotiv vorliegt, empfinde ich ein Gefühl innerer Freiheit beim „Machen“, und das Gefühl von „Richtigkeit“, davon, dass die Sache stimmt.

J.S. Beim Betrachten der Blätter wirken sie vollkommen natürlich, gleichzeitig spürt man, dass sie ein Kunstwerk sind. Wie kommt das?
Ich würde sagen, durch ihre Darstellung als Kunstwerk wirken sie geradezu wie eine Verstärkung des Natürlichen, eindrücklicher noch als die realen Herbstblätter selbst, so, als sieht man ein Blatt zum ersten Mal so bewußt und klar, wie eine Zusammenfassung aller bisher gesehenen und erinnerten Blätter. Das repräsentierte Blatt ist hier nicht mehr nur Verweis, sondern in ihm ist eigentlich da, worauf verwiesen wird.

J.S. Wie gehst Du beim Zeichnen vor? Gibt es verschiedene Phasen, die jedes Bild bei der Herstellung durchläuft?
Ich wähle das Blatt aus, positioniere es und umreiße es sorgfältig mit einem Bleistift und beginne, mit dem Original als Vorlage neben mir. In den ersten ein, zwei Tagen geht es noch um das Nachzeichnen des Blattes, im Verlauf des Machens aber kippt die Darstellung irgendwann um, vom Zustand der Reproduktion hin zur Repräsentation. Durch die vielen Übermalungen verselbstständigt sich die Darstellung, wird Material. Nicht mehr ich stelle etwas dar, sondern es stellt SICH etwas dar, ein Blatt liegt vor mir auf dem Papier, noch nicht perfekt, noch im Rohzustand, aber durch die Arbeit des Verdeutlichens, der Präzisierung, werden die Spuren der Herstellung Stück für Stück getilgt, das Blatt wird schöner, weil klarer. Zum Schluss hat es sich vom Zustand der bloßen Nachahmung befreit und ist zu einem Objekt geworden, zu einem künstlerischen Werk, sinnlich gegenwärtig.

J.S. Wann hast du das Gefühl, das Blatt ist fertig?
Wenn ich mir sage „mehr geht nicht“, wenn ich ein „wirkliches“ Blatt vor mir habe, wenn es als Erscheinung vor mir steht.

J.S. Die Blätter haben eine Nummer und du nennst Orte? Was bedeutet das?
Die Blätter stehen in einer Handlungsreihe. Im Prinzip ist jedes Blatt so gut wie das andere. Nummeriert sind sie in ihrer Herstellungsreihenfolge mit Jahreszeit und Angabe des Ortes, an dem die Arbeit ausgeführt wurde, weil das Machen hier so wichtig ist. Fundort und botanische Zuordnung spielen keine Rolle.

J.S. Zum Schluss, was ist es eigentlich, was uns an den dargestellten Blättern so fasziniert und erstaunt?
Ich denke, es ist die oben beschriebene ästhetische Empfindung dem Objekt der Natur gegenüber, die man beim Betrachten von Herbstblättern spürt, manche Dinge sind einfach schön in ihrer bloßen Existenz. Es ist aber auch, das hoffe ich doch, die Schönheit der formalen Äußerung in der Auseinandersetzung mit dem Objekt BLATT, die innere Klarheit der Arbeit, die sich zeigt.

Hamburg, Mai 2012

Manfred Holtfrerich in conversation with Jürgen R. Schwarz about his artworks of „leaves“

JRS You are painting leaves from natural templates thereby creating works of art. What is the essence of these works of art, what is the most important point?

MH In short, the most important point is that these leaves present themselves how they are, how they appear, in their beauty and uniqueness, free from any interpretation.
In his essay „The relevance of the beautiful “ („Die Aktualität des Schönen“) the philosopher Hans-Georg Gadamer explains: In art mimesis does not mean to imitate something already known, but it means to help something to represent itself, in such a way that it appears in its full reality. This is what I mean, this is the important point.

JRS Why have you chosen leaves, why not mussels or flowers?

MH I am always thinking about what is a picture as a work of art, how does it represent itself as a concrete thing.
In this context leaves, especially autumn leaves, are very interesting objects. They are presenting themselves in the process of discoloration as a „complete“ picture, something like a self-evident „composition“ of nature. My job is to represent this composition and thereby I obtain a piece of art.
This pre-formulated design, the picture within the picture or the picture as a picture, that is what fascinates me and that is what stimulates me.

JRS You are drawing or painting these watercolors of leaves in their natural magnitude, why are you doing this?

MH The reason is that I want to present the leaves how they are, as unique and distinctive objects of nature. There is no reason to change them. To negate their natural magnitude would compromise the clarity of the work.

JRS If interpretation is not a criterion for your work, are there other aspects?

MH There are several. The most important aspect is to use autumn leaves as a form of a found picture, as a pattern.
Another aspect is closely related, it signifies that upon looking at leaves there is an immediate esthetic sensation. This means, that if I find a „beautiful“ leave and if I depict it, then I imagine at the same time a beautiful work.
Since leaves have a serial character, leaves are ideal as picture objects. The series is structurally endless and upon adding new works of leaves their beauty and their quality are not impaired. It is wonderful that nature will provide me with new material again and again.
Although the observer is not aware of it, the process of drawing and painting itself is very important for me. With the found leave as a „finished“ picture I have the feeling of freedom during working and I also have the feeling the work is o.k. in itself.

JRS Upon looking at the „leaves“ one has the feeling that they are real. However, at the same time one is convinced that they are pieces of art. Can you explain this discrepancy?

MH Well, I would say that due to their representation as a work of art they are something like an enhancement of nature. Therefore, they are more impressive than the real autumn leaves. One gets the feeling that one is looking at a leave for the first time deliberately in a very clear imagination. At the same time one is looking at something like the essence of all leaves which one had previously been looking at and which one remembers. The represented leave does not only refer to natural leaves outside the drawing it refers to the drawing itself. This is not only a reference to the natural leave, it is a manifestation of a leave in general.

JRS How does the process of drawing looks like? Are there different stages which have to be passed during drawing?

MH After I have chosen a particular leave, it is positioned on the paper. Thereafter, I trace its outline with a pencil and fill it up with water colors. During the first and the second day the working process is an illustration, a reproduction. However, upon arriving at an advanced state of drawing there is a succinct change from reproduction to representation. During painting over and over the picture becomes materiality. A leave is in front of me, it is not yet perfect, it is in an initial state, however during the continuous progression of painting the leave becomes more and more precise, all the traces of its production will be extinguished. The „leave“ becomes more beautiful and clearer.
Finally, the leave has been liberated from a pure reproduction to a self-evident thing, a piece of art, sensually present.

JRS At which moment do you have the feeling that the painting has reached its final stage, is finished?

MH That is the moment when I am saying „nothing more can be done“, when I am looking at a „real“ leave as a piece of art, at a real appearance.

JRS The leaves are numbered and locations are mentioned. What does this mean?

MH The leaves are standing in a long line, each of them is as good as all the others. The works are numbered according to the date of their production. The year of production is given and the location, where the work was done. This is because the making of the work is much more important than the place where the leave was found or the botanical specifications.

JRS In the end, what is it, that is so fascinating and astonishing about the paintings?

MH I think, it is the sensual sensation when we are looking at autumn leaves, some things are just beautiful in their pure existence.
But also, i am sure, it is the beauty of the pictorial representation, the inner clarity of the work of art, which appears.

December 7, 2015